Weltmeisterlich

28.06.2020

Top, nicht nur am Hang:
Pike Precision 2 F3F von Samba Model

© 2020 - Frank Schwartz, Flugfotos Monika Schwartz
alle Rechte vorbehalten

Uns Modellfliegern geht es doch gut. Wer könnte sich denn schon das Weltmeisterschafts-Auto aus der Formel 1 zulegen und dann noch benutzen? Und was für einen Sinn würde das machen? Aber wir RC‑Piloten können das. Bernhard Flixeder aus Österreich wurde 2017 und Andreas Böhlen 2019 Weltmeister mit dem Pike Precision 2 - und jetzt fliege auch ich so ein Weltmeisterschaft-Sieger-Modell. Genial.

Formel 1

Ich kann mir den Flieger leisten. Vielleicht muss ich ein wenig dafür sparen. Vor allem: Ich kann ihn einsetzen. In der Ebene an der Winde oder fast besser noch am Hang. Fliegt wie auf Schienen. Das klingt zwar abgedroschen. Stimmt aber. Hört auf's Wort. Folgt jeder Steuerbewegung exakt.

Last, but noch lange nicht least: Das Einsatzspektrum ist enorm. Bei geringem Hangaufwind ist er schon mit dabei und lässt manch einen anderen Segler alt aussehen. Okay, ein leichter Thermiksegler kommt mit noch weniger Aufwind klar, beziehungsweise steigt noch besser. Aber! Wenn der Wind am Hang zunimmt, kann ich es mit diesem Pike "krachen lassen". Und wenn der Wind in Richtung Sturm geht, packe ich Ballast hinein, mache aus den gut 2,1 kg mal schnell 3 kg oder sogar 4 kg. Dann geht die Post ab und der Pilot freut sich. Da flattert oder wackelt nichts. Da bricht auch nichts in den engsten und härtesten Wenden. Da habe ich als Freizeit-Pilot meinen heiden Spaß daran. Ich kann den Precision 2 so hart herannehmen wie ich nur will (oder kann), auch mit 4 kg Kampfgewicht. Und letztlich kommt er dank extremer Bremsstellung der vier Klappen am Flügel handzahm zur Landung herein.

Fototermin auf der Fürmann Alm.

Beste Gene

Die Konstruktion stammt vom Duo Benjamin Rodax and Philip Kolb. Das sind zwei der momentan angesagtesten Konstrukteure auf dem Gebiet der Sport-Segler für F3B, F3F, F3J, F5J, GPS-Triangle etc. Gefertigt und vertrieben wird der Pike Precision 2, wie sein Vorgänger, bei Samba Model in Tschechien. Die Kunst des Produzenten ist, bei extremer Festigkeit so leicht wie möglich zu bauen.

Zuerst kann man wählen, ob man die F3B- oder die F3F-Variante möchte. Letztere ist noch etwas steifer, vor allem auch in der Oberfläche. Für den Einsatz am Hang habe ich mich deshalb für die F3F-Version entschieden. Man landet im Gebirge schließlich nicht immer auf Golfrasen. Diese höhere Festigkeit erkauft man sich mit etwa 100 g Mehrgewicht. So what. Weitere Variationen sind nach Absprache möglich. Ich habe es bei der Grundversion belassen.

Auch die Farbgebung ist wählbar. Für wenig Aufpreis kann man die IDS-Anlenkung bereits im Werk einbauen lassen. Da habe ich dann zu Hause keine Fummelei damit. Zu guter Letzt ließ ich mir sogar die Servos in der Tragfläche und im Rumpf einbauen. Da hat alles gepasst. Ich musste also nur noch Empfänger, Akku, Schalter und den Schwerpunkt einbauen. Für letzteren waren nur 126 g notwendig, was der Flieger mit einem Abfluggewicht von 2.147 g quittierte. Damit lag ich 50 g unter der Hersteller-Vorgabe.

An diese Vorgaben habe ich mich nicht nur beim Schwerpunkt, sondern auch bei den Einstellungen gehalten - in etwa jedenfalls. Man findet auf der Website von Samba zwei Setups zweier Piloten als Vorschlag.

Pünktlich

Nicht unerwähnt möchte ich den netten Kontakt lassen. Die E‑Mail-Korrespondenz lief zwischen mir und Eva Vostřelová auf beiden Seiten in nicht perfektem Englisch ab. Aber wir haben uns gut verstanden. Die Lieferzeit wurde mit vier Monaten benannt und nur um 14 Tage überzogen. Das ist vorbildlich.

Außerdem habe ich die Schutztaschen und natürlich das Ballast-Set mitbestellt. Die Taschen sind passgenau genäht und an den Rändern versäumt. Über Klettverschlüsse verbinden sich die Leitwerkstaschen mit der Rumpftasche. Letztere hat eine Außentasche zur Aufnahme des Flächenverbinders und einer Rolle Tesafilm (für die Tragflächenarretierung). So hat man alles beisammen und kann nichts vergessen.

Der Erstflug fand auf dem heimischen Flugplatz des MSV Bühl-Moos e.V. statt.

Erstflug mit Schuss

Zum Einfliegen ging es auf dem Flugplatz an die Winde. Beim ersten Start mal nicht so viel Spannung aufbauen. Vorsicht ist besser. Doch schon im Steigflug am Seil merkte ich, wie der Flieger immer mehr Druck aufbaute. Er stieg kerzengerade hoch. Also kurz vor dem Scheitelpunkt die Startstellung raus, auf der Winde bleiben - Schuss! Bei so viel Präzision (englisch: precision) kam gleich Freude auf. Das hatte ich so nicht erwartet. Etliche Flüge später war ich mit den Feineinstellungen nach meinen Vorstellungen bereit für den ersten Einsatz am Hang.

Spaß mit und ohne Ballast

Der ließ nicht lange auf sich warten. Beim Frühjahrsmeeting der thermikflieger.eu auf der Wasserkuppe war entgegen der Wetterprognose bestes Flugwetter. Auf der Nordwestseite der Abtsroder Kuppe stand der Wind prächtig und kräftig an. Ich wollte gar nicht mehr mit dem Pike Precision das Fliegen aufhören. Einfach nur gut.

Drei Tage später drehte der Wind auf Süd. Am Weltenseglerhang bewies der Pike, dass er auch die langsame Gangart kann. Sanftes Abreiten an der Hangkante und gelegentliches Hinausfliegen, um die vereinzelten Bärte zu erwischen war angesagt.

Etwas frisch war's Anfang Mai 2019 auf der Wasserkupper .... aber sensationell gut.
Etwas frisch war's Anfang Mai 2019 auf der Wasserkupper .... aber sensationell gut.

Nach diesem Ausflug stimmten alle Einstellungen und ich konnte und kann mich an weniger einfache Flug- und Landebedingungen heranwagen. Das klappte auch immer besser. Das Handling ist einfach präzise. Am meisten Spaß habe ich, wenn ich aufballastieren kann und der Flieger dann so richtig Gas gibt. Nein, Ballastieren ist nicht nur den Wettbewerbspiloten vorbehalten. Diese müssen (ich kann, wenn ich will) je nach Wetterbedingungen und anstehender Flugaufgabe teilweise 50‑g-genau ballastieren. Das ist dann fast schon eine Wissenschaft für sich. Mir als Freizeitflieger - jedenfalls bin ich das in den Sportklassen F3B und F3F - bringt es, allerdings in deutlich gröberen Schritten, auch was. Nämlich Spaß. Und deshalb fliege ich supergerne mit dem Pike Precision 2 - weltmeisterlich!

Technische Daten Pike Precision 2 F3F

Hersteller: Samba Model
Web: www.f3j.com
Preis: ab 1.695 €
Spannweite: 2.975 mm
Tragflächen-Inhalt: 57,8 dm²
Streckung: 15,3
Fluggewicht: 2.147 g
Flächenbelastung: 37,1 g/dm²
Länge: 1.435 mm

Komponenten

Empfänger: Jeti REX6A
Servo Höhe/Seite: 2x KST X12-508 HV
Servo Quer: 2x KST X10 Mini mit IDS
Servo Wölbklappe: 2x KST X10 Mini mit IDS
Akku: iRC LiIo 2s2.900
Schalter: Zepsus, ohne Spannungsregler, 7A
Vario: im Empfänger

Dieser Artikel wurde erstmals veröffentlicht in
FMT-Extra 19 RC-Hangflug 2019

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